Kreativquartiere an den Kraichbachauen

Langenbrücken West - Bad Schönborn

Mehrfachbeauftragung, 2022

Grundlage des Entwurfes bilden die Analyse der örtlichen Gegebenheiten sowie Kriterien der nachhaltigen Stadtplanung.
Erklärtes Ziel ist, Bad Langenbrücken West sowohl als Ortsteil in den Bestand einzugliedern als auch ein zukunftfähiges Gefüge zu bilden, welches den Ort weiterentwickelt sowie neue Perspektiven schafft. Dies beinhaltet energetische und soziale, klimatische und Nachhaltigkeitsaspekte, im Mittelpunkt aller Planungsaussagen steht die Vermeidung von CO2-Emissionen.
Eine resiliente Struktur zu schaffen, bedeutet für uns: Eine übergeordnete Freiraumstruktur schafft lebenswerte Orte. Gut proportionierte Ensembles schaffen Nachbarschaften und Identifikation. Gut nutzbare Baukörpertiefen, Kompaktheit und gleichzeitig gute Belichtung der Kubatur ermöglichen ein flexibles Gesamtkonzept. Braucht man in Zukunft große Mehrgenerationen-WGs, viele kleine Wohnungen oder einen eher herkömmlichen Wohnungsmix? Robustheit in der Struktur ergibt sich durch ihre Adaptierbarkeit.

 

Die Auen

Der Kraichbach wird renaturiert - die Kraichbachauen bilden einen naturnahen Grünraum und sanften Übergang baulicher Strukturen zum Landschaftsraum

Der Stadtteilpark

bildet das Gegenstück zu den Kraichbachauen. In seiner eher geometrischen Form nimmt er die Aktivitäten des öffentlichen und gemeinschaftlichen Lebens auf, verbindet den Kraichbach mit den nördlich gelegenen Seen

Der Stadtteilpark
Der grüne Wall

schützt das Quartier vor Lärm und bildet eine Auflockerung sowohl zu den gewerblichen Strukturen als auch zum Straßenraum.

Die Gewerbespange

Ost- und Westrand des Ortsteils bilden, hin zu Bahntrasse und Kreisstraße, jeweils ein Gewerbegebiet. Durch ihre zueinander versetzten Baukörper bilden sie einen Lärmpuffer für das Gesamtquartier. Gleichzeitig sind sie verkehrlich optimal angebunden.

Die Quartiersmitte

Die Quartiersmitte rund um den Stadtteilpark bildet ein Mischgebiet mit einer lebendigen Nutzungsdurchmischung. Dieses nimmt neben Wohnnutzung auch die Schule, Kindergärten sowie Funktionen des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel die Nachbarschaftstreffs auf.

Wohngebiet

Sanften Übergang zum Landschaftsraum der Auen bildet ein lockerer Wohngebietsgürtel.
Eine große Vielfalt an Typologien, die den Belangen unterschiedlicher Nutzer gerecht wird, sorgt für eine lebendige Mischung und ein dadurch lebenswertes Quartier.

Grün- und Freiflächenkonzept

Fünf Siedlungscluster sind schollenähnlich in einen großen Grünraum eingebettet, der sich von den Kraichbachauen westwärts bis zur Kreisstraße zieht. Hierbei sind dieser Landschaftspark und der Stadtteilpark ortsprägend und in ihrer regionalen Einzigartigkeit identitätsstiftend.
Der Landschaftspark ist eine Renaturierung des Gewässers Kraichbach, der den verschiedenen Wasserständen ausgesetzt, sein Erscheinungsbild als Feuchtbiotop von einer Seenlandschaft zum Rinnsal wandeln kann. Dieser der Natur zurückgegebene Raum bietet große Aufenthaltsqualitäten, in dem unterschiedlich große Punkthäuser am Rand naturverträglich eingestreut sind. Der Stadtteilpark weist mit Feuchtzonen Raum für die Regenwasserversickerung zu, spannt aber gleichzeitig ein grünes Feld für Freizeitaktivitäten wie Lauf- und Spielsport, Spielplätze, Urban Gardening, Liegewiesen und Verweilzonen in Baumhainen auf.
Beide Parklandschaften sind über einen breiten grünen Korridor verbunden aus dem ein Wegenetz entspringt.
Ein Netz von Rundwegen für Fuß- und Radverkehr durchzieht den gesamten Grünraum, und verwebt so die verschiedenen Schollen des Areals. Dieses Netz schafft den Brückenschlag über den Kraichbach hinweg zum alten Ortskern und verwebt so an drei Übergängen wie selbstverständlich Alt und Neu.
Landschaftspark und Stadtteilpark werden zur grünblauen Lunge des Stadtteils, produzieren Sauerstoff und regulieren dessen Temperaturhaushalt.

Mobilitätskonzept

Das Mobilitätskonzept basiert auf der Idee einer autofreien Nachbarschaft.
Ein ausgeprägtes Fuß- und Radwegenetz bietet eine gute Vernetzung innerhalb des Quartiers sowie Anbindung an den bestehenden Ort.
Kurze, im Grünen liegende Wege bieten direkte Verbindung zum Bahnhof und zu den im Quartier liegenden Bushaltestellen und schaffen somit ein niedrigschwelliges Angebot.
Der Großteil des ruhenden Verkehrs ist in Tiefgaragen und Mobility-HUBs untergebracht, mit Ausnahme von Besucherstellplätzen sowie den Stellplätzen der Einfamilienhäuser östlich des Kraichbachs.
Tiefgaragen und Mobility-HUBs ermöglichen durch Wallboxen an jedem Stellplatz Elektromobilität für alle Bewohner.
E-Car- und E-Bike-sharing sind selbstverständlich Teil der Mobility-HUBs.
Anbindung an die Kreisstraße erfolgt über einen Kreisverkehr. Ein Loop verbindet alle Quartiersteile westlich des Kraichbachs, die Zufahrten sämlicher Hubs und Tiefgaragen liegt daran.
Um die bestehenden Straßen östlich des Kraichbaches zu entlasten, finden die dort gelegenen Quartiersteile direkte Anbindung an die Kreisstraße.

Regenwassernutzung

Der Umgang mit Regenwasser und die Klimavorsorge sind eng verknüpfte Zukunftsthemen, die im Quartiersgrundriss unmittelbar erlebbar sind. Das Regenwasser der Dächer und Flächen wird verzögert abgeführt und oberflächennah versickert, gemäß dem Prinzip der Schwammstadt werden dadurch Hitzeperioden und Starkregenereignisse abgepuffert.
Die Verdunstung der Wasserflächen sorgt für Abkühlung und wirkt der Überhitzung des Quartiers entgegen. Entlang der Wasserflächen entstehen naturnahe Säume, die als Ergänzungshabitate den ökologischen Wert des Kraichbach-Systems heben.
Zusätzlich zur Verbesserung des Kleinklimas bietet die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung Naturerfahrung, Orientierung und Identifikation mit dem Ort.
Das gesammelte Regen- und Grauwasser wird über eine Wasseraufbereitungsanlage gereinigt und somit nutzbar als Brauchwasser für Gärten und Sanitäranlagen.

Energiegewinnung

Der neue Ortsteil soll zur Deckung von Heizwärme, Warmwasserbereitung, Haushaltsstrom und Mobilität eine absolut CO2-freie Gesamtenergieversorgung erhalten.
Hierzu werden vier Quellen regenerativer Energie kombiniert, gemeinschaftlich produziert und partizipatorisch konsumiert.
• Auf allen Dächern werden PV-Module installiert, die den Jahresstrombedarf des Gesamtquartiers decken.
• Im Bereich der Gewerbeflächen werden Windturbinen zur Windstromherstellung installiert.
• In einem Energie-Hub erfolgt die Integration von grünem Wasserstoff zur Stromproduktion, einem Projekt der TRK.
• Aus oberflächennaher Geothermie wird ein kaltes Nahwärmenetz gespeist.
Im Quartier wird ausschließlich regenerativ hergestellte Energie gemeinschaftlich produziert und geteilt. Mittels Wärmepumpen gewonnene Wärme wird in Tanks gespeichert und durch intelligente Lastverschiebung (Energiemanagementsystem) EMS für Perioden solarer Unterdeckung vorgehalten. Überschüssiger PV-Strom, gespeichert in quartierseigenen Batterieanlagen, dient dem Konsum vom Haushaltstrom in den Abend- und Nachtstunden sowie dem Betrieb von E-Mobilen, die wiederum als Energiespeicher fungieren. Die Summe aller E-Mobil-Batterien erhöht die Kapazität der Quartiersbatterien und vermeidet CO2-Emission aus Verkehr.
Der TRK H2-Strategie folgend, wird ein Energie-Hub errichtet, um mittels grünen Wasserstoffes aus erneuerbaren Quellen CO2-freien Strom für Nachtstunden und kalte Wintertage für das Gebiet und angrenzende Siedlungsräume bereitzustellen. Ein weiterer Meilenstein zur Entlastung der CO2-Bilanz der Gemeinde auf dem Weg zur CO2-Freiheit.
Entscheidend ist, dass dieses Quartier in keinem Fall die existierenden Stromnetze belasten wird.
Im Gegenteil: Durch eigenen PV-Strom in Kombination mit flächendeckender Elektromobilität werden CO2-Emissionen aus dem Sektor Verkehr verhindert.

Energiekonzept
Nachbarschaften

Wir schlagen ein absolut gemeinschaftliches Quartier vor. Dies bedeutet, dass Barrierefreiheit und Inklusion in dem neuen Stadtbaustein gelebt werden. Punkte die dazu beitragen sind:
• Eine komplett barrierefreie Erschließung des Quartieres
• Keine Segregation in der Bewohnerschaft: sozialer Wohnraum ist in die Mischung der Wohnformen eingestreut und selbstverständlicher Teil des Ganzen
• Nutzungsoffene Flächen lassen den Bewohnern Spielraum zur Mitgestaltung von Freiflächen, Gemeinschaftsgärten, Nachbarschaftstreff etc.
• Einsetzen eines Quartiersmanagements
• Installation einer Quartiersapp, die Mobilität und Soziales verbindet
• Installation von Bausteinen der Gesundheitsvorsorge
Nachbarschaftstreffs mit verschiedenen Schwerpunkten bringen Menschen gleicher Interessen zusammen und schaffen Gemeinschaft und Lebensgefühl.

Abschnittsweise Quartiersentwicklung

Der neue Ortsteil Langenbrücken West soll abschnittsweise entwickelt werden.
Die zeitliche Reihenfolge der Bauabschnitte resultiert dabei aus den Eigentumsverhältnissen und den Notwendikeiten des öffentlichen Lebens.
Zum Start werden das Gewerbe entlang der Kreisstraße, ein Nahversorger, eine KiTa sowie ein Teil des MUs entwickelt.
Darauf folgen die Wohnquartiere an den Kraichbachauen.

 

 

Nutzung

Städtebauliche Planung
Verfahrensart Mehrfachbeauftragung
Zeitraum 2022
Ort Bad Schönborn, Langenbrücken West
Ausloberin Gemeinde Bad Schönborn
Arbeitsgemeinschaft

HANEN ARCHITEKTEN + ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH

Team

D. Chatrath, J. Goldbach, M. Hanen

Energiekonzept

enocoo GmbH

   

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