Nördlich Zügelstraße Kornwestheim
Wettbewerb, 2021
Der Ort erfordert eine städtebauliche Struktur, die in der Lage ist, zwischen dem angrenzenden Städtebau der 70er Jahre im Süden und den Gartenhausgebieten im Norden zu vermitteln und gleichzeitig eine eigene Identität zu entwickeln. Zudem liegt das Gebiet nördlich Zügelstraße in einer wichtigen Kaltluftentstehungszone und steht somit im Spannungsfeld zwischen zu erreichender baulicher Dichte und einer Durchlässigkeit zur Landschaft hin. Die Verknüpfung mit dem Bestehenden wird durch Einbuchtungen in der Quartiersstruktur erreicht. Grüne Finger verknüpfen eine vorgelagerte Zone aus öffentlichem Grün im Süden mit den Gemeinschaftsbereichen im Norden und bilden somit einen sukzessiven Übergang zur Landschaft. Im Westen schafft ein Grünpuffer mit Quartiersgärten Distanz zur Ludwigsburger Straße.
Die Motive aus den umgebenden Stadtstrukturen der 70er Jahre bieten ein robustes Gerüst für das Quartier nördlich Zügelstraße. Gegeneinander versetzte Baukörper, Kombination und Wiederholung ermöglichen eine Adaption des städtebaulichen Konzepts an die vorherrschenden klimatischen Bedingungen. Durch Gewährleistung der Durchströmbarkeit entstehen hierbei keine neuen Hitzeinseln.
Versprünge in den Baukörpern rhythmisieren den Raum und bieten eine erlebbare Kleinteiligkeit und spannungsvolle, maßstabsgerechte Räume und grüne Wohnhöfe. Somit ergibt sich eine harmonische Integration in Stadtstruktur und Mikroklima. Die Höhenentwicklung folgt dabei der Topographie. Entlang der Ludwigsburger Straße orientieren sich höhere Gebäude vornehmlich um einen ruhigen Innenhof, ein Hochpunkt markiert den Quartiersplatz mit den öffentlichen Funktionen. Nach Westen hin wird die Bebauung, analog ihren Nachbarn, niedriger. Alle untereinander verbundenen Wohnhöfe bilden mit dem Gemeinschaftsgrün die Bühne für eine lebendige Stadtteilgemeinschaft.
Grundkonzept der Freiräume ist die Gestaltung eines durchgängigen, halböffentlichen Grünraums, der alle Räume organisch miteinander verbindet. Der landschaftliche Charakter des Freiraums ist durch lockere Baumpflanzungen (heimische und Zukunftsbaumarten) und naturnahe Wiesen gekennzeichnet. Die weiten Wiesenflächen bilden einen organischen Übergang in die angrenzenden Landschaftsräume und sichern den Luftaustausch. Die Vegetation schafft ein naturnahes Bild, Schatten und ermöglicht eine extensive Pflege. Der gemeinschaftliche Freiraum ist von Fußwegen durchzogen, die die Gebäude erschließen. Kurze Zufahrten sichern auch den Zugang für Feuerwehr und Anlieferung im sonst autofreien Quartier.
Das Grün des Gesamtquartiers ist zudem durch kleine Plätzchen akzentuiert, die die Eingänge der Gebäude zusammenbinden und so einzelne Nachbarschaften bilden. Ein größerer Platz liegt Zentrum zwischen KITA und Anwohner Café. Dieser bietet Spiel- Bewegungs- und Aufenthaltsangebote für Anwohner und Kinder. Zusätzlich sind kleinere Spielmöglichkeiten in der Nähe der Hauseingänge eingestreut.
An die einzelnen Baukörper sind kleinere private Gartenbereiche angelagert, die durch das Hochparterre und naturnahe Bepflanzung auch Privatheit genießen. Der Höhenunterschied zum Gemeinschaftsgrün wird durch Mäuerchen und bepflanzte Böschungen bewältigt. Die Böschungen passen sich in die landschaftliche Gestaltung des Gemeinschaftsgrün ein. Die niedrigen Trockenmauern akzentuieren den Freiraum und bieten Lebensraum für Kleintiere.
Vorgeschlagen werden ein ganzheitliches, klimaangepasstes Gesamtkonzept und die Schaffung eines natürlichen Wasserhaushaltes. Regenwasser wird im Quartier dezentral und oberflächig bewirtschaftet. Gründächer mit Regenwassereinstau, Retentions- und Versickerungsflächen puffern gemäß dem Prinzip der Schwammstadt die Effekte von Starkregenereignissen und Hitzeperioden ab.
Im gemeinschaftlichen Freiraum liegen Retentionsmulden, die miteinander gekoppelt sind. Sie ermöglichen die Versickerung und verzögerte Ableitung des Niederschlagswassers von Wegen und Gebäuden und schaffen einen weiteren Aspekt des bewegten Gesamtgeländes. Das Wasser wird entlang der Wege über offene Rinne oberflächlich in die Mulden eingeleitet. Durch Abdichtung in Teilbereichen werden in den Mulden zudem feuchte Senken für Flora und Kleinfauna erzeugt. Dies hat verschiedene Auswirkungen: Eine Verbesserung des Mikroklimas, markante Punkte zur Orientierung, Naturerfahrung für die Bewohner und Bildung von Identität und Identifikation mit dem Ort.
Das Mobilitätskonzept basiert auf der Idee einer autofreien Nachbarschaft.
Ein ausgeprägtes Fuß- und Radwegenetz bietet ein eine gute Anbindung an Radwege und die Bushaltestelle auf der Ludwigsburger Allee sowie den mobility-hub. Um ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen und den Radverkehr zu stärken, sind sämtliche Fahrradstellplätze der Bewohner im Eingangsbereich untergebracht, optional natürlich verschließbar. Fahrradstellplätze für Besucher sind in den eingangsnahen Grünflächen eingestreut. Der mobility-hub ist auf zwei Ebenen aufgeteilt. Oberirdisch befinden sich die Stellplätze für sharing-E-bikes und Lastenräder sowie der Aufzug, der einen barrierefreien Zugang zu dem in der Tiefgarage untergebrachten E-car-sharing darstellt.
Besucherstellplätze sind im straßenbegleitenden Grünraum nahe der jeweiligen Eingänge eingebettet. Sämtliche Anwohner-KFZ-Stellplätze sind in der Tiefgarage untergebracht, diese wird jeweils über die Erschließungskerne der Wohnhäuser erreicht.
Die Tiefgarage ist überhöht ausgeprägt und bietet so die Möglichkeit, mehrere Funktionen aufzunehmen. Abhol- und Bring-/Lieferzonen für Fahrdienst und Pflege gewährleisten eine komplette Barrierefreiheit des Quartiers. Paketstationen an den Treppenkernen werden von verschiedenen Paketdiensten angefahren, wodurch das Quartier oberirdisch frei von alltäglichem Lieferverkehr bleibt. Die Müllräume der einzelnen Häuser sind an ebenfalls an die Tiefgarage angebunden. Vorgeschlagen wird ein Quartiersservice, der den Müll gesammelt zur Abholstelle der Müllabfuhr bringt. Die Zufahrt zur Tiefgarage ist über eine Schließanlage gesichert. Den Code zur Zufahrt erhalten nur Berechtigte. Tageslichtöffnungen mit bepflanzten Tiefhöfen geben der Garage eine angenehme und angstfreie Atmosphäre und Tageslichtorientierung.
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Nutzung |
Städtebauliche Planung eines Wohngebiets |
Verfahrensart | Wettbewerb |
Zeitraum | 2020 |
Ort | Kornwestheim, Nördlich Zügelstraße |
Ausloberin |
Stadt Kornwestheim |
Team |
M. Hanen, F. Kontogiannopoulos |
Landschaftsarchitektur |
BHM Planungsgesellschaft mbH |